17. July 2011 to 06. August 2011

Fu-Fu-Fugacious

Dem Begriff der „Flüchtigkeit“ ist eine negative Konnotation inhärent. Flüchtig ist, was bleibend gewünscht, nicht mehr zurück zu holen und nur im Vorbeigehen, oberflächlich, wahrnehmbar ist. Flüchtiges kann aber auch Leichtigkeit oder eine Chance zur stetigen Weiterentwicklung und Veränderung bedeuten.

Fu-Fu-Fugatious nimmt diesen Aspekt andauernden Wandels auf: Ein feiner Sommerflirt, ohne Gedanken an Konsequenzen zu verschwenden. Endstadien, definitive Resultat werden ausgeblendet – Momentaufnahmen zwischen Werden und wieder Verschwinden stehen im Zentrum. In der Wahrnehmung der Werke wird der Moment bewusst entschleunigt, er kann in aller Ruhe erlebt werden, ohne aber dabei seine Flüchtigkeit zu negieren. Erst durch die Fokussierung auf den Augenblick werden wir uns dessen vielseitiger Facetten bewusst, die in ihrer Verdichtung unseren Alltag bestimmen.

a&aDas KünstlerInnenduo a&a benutzt bereits seit Jahren ihren mobilen Anhänger als Arbeitsraum. In einem ständigen Prozess wandelte sich die rollende Installation bisher von einem Wohnwagen zu einem White Cube hin zu einer Bühne. Das kontinuierliche „in Bewegung sein“, die Rastlosigkeit, das Abenteuer und die Freiheit sind ebenfalls Themen des hier gezeigten Werkes. Der Schlüssel steckt im Zündschloss und das Automobil ist geladen, vollgepackt – bereit zur Flucht oder für eine Reise in die Ferne. Trotzdem ist der Anhänger aber verwurzelt: Hopfenranken wachsen entlang den Pfeilern hoch und umschlingen diese. Allerdings wird das zarte Grün bald keinen Halt mehr bieten; zur Finissage soll der Hopfen gepflückt und zu diesem Zweck ausgerissen werden.

Die zweiteilige Toninstallation von Marco Baltisberger & Timo Ullmann besteht aus Mikrofon und Lautsprecher, angeschlossen an zwei Computer. Ersteres nimmt die Geräusche des Gartens auf und sendet diese wiederum an den Lautsprecher. Wenn Daten über das Internet transportiert werden, entsteht ein Datenverlust, der bei Tonaufnahmen hörbar ist und dadurch offengelegt werden kann. Durch den Transfer von einem Computer zum anderen verändert sich der Klang bis er schlussendlich komplett aufgelöst wird. Die akustische Welt des Gartens wird digitalisiert und kehrt als Internetkomposition zurück. Natur und Technik bilden auf diese Weise eine irritierende und zugleich spielerische Allianz.

Livio BaumgartnerLivio Baumgartner hält in seinen hier gezeigten Werken paradoxerweise eine Inkunabel des Flüchtigen fest: Das Feuerwerk. Einerseits in, im wahrsten Sinne des Wortes, leuchtfarbenen Lichtbildern, in welchen die rezeptionelle Wirkung der gezündeten Feuerwerkskörper zusätzlich durch den verspiegelten Raum gesteigert wird. Andererseits zeigt er, aufbauend auf letzteren Arbeiten, die Spuren, die das Feuerwerk auf einem Spiegel hinterlassen hat. Durch das Einscannen der Spielplatte wird die Doppelung, die leichte Verschiebung, welche Glasplatte und Spiegelfläche zusammen bilden, in den Prints Traces I-III sichtbar. Als dokumentarische Zeichen einer in Sekundenbruchteilen verglühenden Aktion werden diese selber zu einer in sich geschlossenen Komposition, welche das Thema der Flüchtigkeit bildimmanent aufnimmt.

Miriam Sturzenegger lässt Schatten auf den Wänden entstehen: Durch das Anbringen schmaler Simse an der Wand, die Staub- und Farbpartikel oder Haare auffangen, vereint sie skulpturale Körper mit der Architektur des Raumes. In der Arbeit „Subjektive Archäologie, dritter Versuch“ schafft sie mit der Auslegordnung verschiedener Abriebe von Löchern und Unregelmässigkeiten in Wänden und Böden ihrer direkten Umgebung einen gezeichneten Körper. Als sich minimal vom Boden abhebender „Spurenkomplex“ steht die Installation zwischen einem Ordnungssystem, welches im Atelierkontext zu finden sein könnte und einer Schichtung aus Gesuchtem und Gefundenem, feinen Rillen und zarten Strichen im Papier, wie diese für die Arbeit von Miriam Sturzenegger charakteristisch ist.

Christoph GuggerChristoph Gugger befasst sich im grossen Raum mit der rechten Fensterfront, die als Ausblick auf den Garten in voller Grünblüte bereits als Bild funktioniert. Er kleidet die Fensterzargen mit Klebeband aus und lenkt durch einzelne Farbakzente den Blick auf die für ihn wesentlichen Fluchten. Im Zwischenraum beim Waschbecken erzeugt er ein Zusammenspiel zwischen der Fensterfront, mit einer vanillefarbenen Musterung versehenen, und dem in dunklem violett bemalten Spiegel. Das Plakat einer vorherigen Ausstellung wird von der Betrachterin, dem Betrachter automatisch in das Gesamtbild integriert.

Der Zufall spielt mit bei der Arbeit von Andreas & Christian Egli. Durch das Werfen der Würfel innerhalb der Modellanordnung im grossen Saal wird das effektive Arrangement der grossen Kuben im Garten entschieden. In den fünf Körpern werden Kerzen untergebrachten, die diese jederzeit zu zerstören drohen. Diese prekäre Situation bricht die ruhige, poetische Wirkung der Leuchtkuben.Hinzu kommt die überraschende Nüchternheit und Ökonomie der Materialien: Stromkabel-Leitungen fungieren als Formgeber für die Kuben und dienen ineinander gesteckt – wie Zeltstäbe – zur Errichtung des Gehäuses. Andreas & Christian EgliZusätzlich bilden die fünf Würfel den Rahmen für eine Performance, die vom Spiel mit dem Feuer getragen wird.

Bernhard Hegglin interessiert sich für Materialien und deren Weg vom Gebrauchsgegenstand hin zum Bestandteil eines Werkes: Er lässt aus, entscheidet neu und inkludiert weitere Elemente. In seiner Wandarbeit „Ohne Titel, Abrieb auf Wand“ wiederholt sich eine feine Zeichnung vom Boden bis zur Decke, wobei da und dort die Farbübertragung der Pausvorlage ersichtlich wird. Diese Setzung an der Wand, die erst je nach Distanz der Betrachterin, des Betrachters augenscheinlich wird, oszilliert zwischen Comic und skizzenhafter Erfassung der immergleichen Szenerie. Offen bleibt, woher die Motive stammen - nur eine abschliessende Linie zwischen zwei Zeichnungen verweist auf ein Layoutformat, das einer Zeitung entstammen könnte.

test birdHegglin greift zudem in das von Andreas & Christian Egli definierte Modell des Gartens ein, in dem er darauf, ebenfalls durch eine schwungvollen Geste aus dem Handgelenk, mit Hilfe von Pigmentfarbe entfremdete und entwertete Münzen wirft.