Peter Roesch
Eröffnung: Samstag, 9. Mai, 17 Uhr im sic! Elephanthouse
Dialogische Führung durch die Ausstellung und Mini-Cocktails: Samstag, 30. Mai, 16 Uhr
P E T E R R O E S C H
S M i L E , B R E A T H E , G O S L O W L Y
«Kaum fange ich an, die Augen zu öffnen – schon fange ich an, Einzelheiten zu unterscheiden» schreibt Peter Handke über den Prozess der wahrnehmung. Beim Betrachten von Peter Roeschs Arbeiten lassen sich Linien, Pinselstriche, malerische gesten unterscheiden. Farbe und Fläche, Figur und Grund. Versucht die erscheinenden Dinge im Figürlichen zu verorten, suche ich nach Vergleichen für nicht eindeutig Vergleichbares: So erinnert mich die Arbeit «The Eyes» an eine Landschaft im Nebel oder an einen Teich dessen Grund ich nicht ausmachen kann. Wellen, Schwaden, Kringel wie Fische oder Augenpaare, die einen anblicken, streifen im Vorübergehen. Dadurch, dass die Linie etwas Sinnhaftes erhält, eröffnen sich in Peter Roeschs Bildern Vorstellungsräume, die zwischen fragmentarischer Erzählung und ungegenständlicher Komposition oszillieren. Durch die präzise Bildauswahl und deren gegenüberstellung entstehen Bezugsfelder, die sich über die einzelnen Leinwände hinweg durch den ganzen Ausstellungsraum spannen. grau, Rot, Türkisblau – ein übergreifender Farbklang, sich wiederholende Bildelemente und Analogien im Bildaufbau. Für die Ausstellung im sic! Elephanthouse hat Peter Roesch seine gewohnten Bildformate leicht modifiziert, so dass sie mit den Proportionen des Raumes korrespondieren. Jedoch folgen nicht alle Entscheidungen einem eindeutigen Konzept. Peter Roesch setzt sich in seinem Schaffen der Spannung zwischen Vorhaben und Ereignis, Angestautem und befreiender Entladung aus; seine Malereien zeugen von teils impulsiven, teils zaghaften und suchenden Handlungsprozessen. Die Farbe wird als Material behandelt, unmittelbar und direkt aufgetragen, Ölfarbe, Pastellkreide und Eitempera werden ohne Zögern kombiniert. An den Rändern der Leinwände sind noch die Überlagerungen vorangehender Farbschichten erkennbar. Sie zeugen von mehrfachen Übermalungen. Verworfene Bilder überdauern manchmal im Atelier lange Schaffensperioden bis sie neu bearbeitet und umgedeutet werden. Dieser malerische Prozess ist begleitet von stetigem Zeichnen. Die zeichnerischen Blätter dienen der Versicherung und Erweiterung des eigenen Bildspeichers. Blosse Eindrücke manifestieren sich darin als Spur: Die Fährte aufnehmen, dem Motiv folgen, es variieren und auf seine Tauglichkeit abklopfen. Auf jede Zeichnung folgt eine nächste, befragt diejenige zuvor. Peter Roesch verfolgt seine interessen beharrlich und sucht nach dem Moment, in dem etwas in Bewegung gerät, ein Rauschen erzeugt wird, sich eine Bildidee verfestigt. Es entstehen Schlüsselbilder und Bildthemen, die Bestand haben – manchmal über Jahre –, während andere vorüberziehen und verschwinden. Vergleichbar mit einer Melodie, die einem auch nach Tagen nachgeht und immer neue Variationen erfährt.
«Restless Rebel» ist ein solches Motiv, das in mehreren Bildern erscheint. Eine zeichnerische Figur auf weitem Feld, hebt sich einmal schroff, einmal zart vom Hintergrund ab. ihr Territorium wir begrenzt durch eine Kette aus Linien, die Schutz wie auch Abgrenzung symbolisieren kann. Eine Kippfigur zwischen Kämpfer und Fötus, Ausbruch und Aufgehobensein. Im Titel schwingt die romantisierte Vorstellung des Malers als ruhelosem Rebell mit. Ein populärer Topos, den Roesch augenzwinkernd zitiert. Peter Roeschs Bildtitel sind Fragmente aus Literatur und persönlichen Erinnerungen. Sie stehen mit dem Sichtbaren nur in vagem Zusammenhang oder erweitern dieses im Nachhinein um eine zusätzliche assoziative Dimension. Mit dem Ausstellungstitel «smile, breathe, go slowly» greift Roesch ein meditatives Mantra für Achtsamkeit und Langsamkeit im Alltag auf. Dieses könnte als Aufforderung an die Betrachterinnen und Betrachter interpretiert werden, sich mit einer gerichteten Aufmerksamkeit mit der Ausstellung auseinanderzusetzen. Die Fähigkeit zu entwickeln nicht mehr nur Einzelheiten zu unterscheiden, sondern Bewegungen, Tiefe anstatt waag- und Senkrechtes. Ein gespür zu entwickeln für das Vieldeutige der Zeichnung, der Spur. Sehen, statt blosse Einzelheiten zu unterscheiden.
Text: Eva-Maria Knüsel